Sozialklausel §574 BGB: Mieter schützen in Deutschland

Besondere Kündigungsschutzregelungen 3 Min. Lesezeit · veröffentlicht 07. September 2025

Die Sozialklausel nach §574 BGB gibt Mieterinnen und Mietern in Deutschland die Möglichkeit, einer Vermieter-Kündigung zu widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für sie eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Dieser Text erklärt, welche Nachweise (ärztliche Atteste, Einkommensunterlagen, Haushaltszusammensetzung) sinnvoll sind, wie ein Widerspruch formal zu formulieren ist und wann ein Gang zum Amtsgericht notwendig wird. Ziel ist, betroffenen Mietern praktische Schritte, Musterformulierungen und Hinweise zu Fristen zu geben, damit sie ihre Rechte gegenüber Vermietern wirksam geltend machen können, ohne zunächst einen Anwalt einschalten zu müssen.

Was ist die Sozialklausel?

Die Sozialklausel in §574 BGB erlaubt es Mieterinnen und Mietern, einer ordentlichen Kündigung zu widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses eine unzumutbare Härte zur Folge hätte. Typische Gründe sind schwere Krankheit, hohes Alter, Betreuungspflichten oder geringe Aussicht auf Ersatzwohnraum.[1]

In vielen Fällen entscheidet das Amtsgericht über den Anspruch, nachdem Vermieter und Mieter widersprüchliche Interessen abgewogen wurden.

Wann können Mieter widersprechen?

Ein Widerspruch ist möglich, wenn die Kündigung für den Mieter oder seine Familie existenzgefährdend oder gesundheitlich schädlich wäre. Entscheidend ist immer die individuelle Härteabwägung.

  • Hohe gesundheitliche Belastung: ärztliche Befunde oder Hilfebedarf für Angehörige.
  • Schwere finanzielle Not: Belege zu Einkommen, Sozialleistungen oder drohender Obdachlosigkeit.
  • Besondere Familienumstände: Alleinerziehende, betreuungsbedürftige Kinder oder pflegebedürftige Personen.
  • Fehlender Ersatzwohnraum: Nachweise über Unmöglichkeit, zeitnah vergleichbaren Wohnraum zu finden.
Je genauer und aktueller die Nachweise, desto größer die Aussicht, dass der Widerspruch erfolgreich ist.

Welche Nachweise sind wichtig?

Dokumentation ist entscheidend: Sammeln Sie medizinische Atteste, Einkommensnachweise, Bescheide über Sozialleistungen, Meldebescheinigung und jede Korrespondenz mit dem Vermieter.

  • Ärztliche Atteste oder Bescheinigungen, die Behandlung und Beeinträchtigungen beschreiben.
  • Gehaltsabrechnungen, Krankengeld- oder Sozialleistungsbescheide zur Darstellung finanzieller Lage.
  • Mietvertrag, Kündigungsschreiben des Vermieters und Schriftwechsel als Belege.
  • Fotos, Wohnungsbegehungsprotokolle oder Nachweise, dass Wohnungen in der Nähe nicht verfügbar sind.
Bewahren Sie Originale und Kopien sicher auf und notieren Sie Datum und Uhrzeit jeder Kommunikation mit dem Vermieter.

Wie formuliere ich den Widerspruch?

Der Widerspruch kann formlos schriftlich erfolgen; wichtig sind klare Angaben zu Ihrer Person, Bezug zur Kündigung, konkrete Härtegründe und eine Aufforderung an den Vermieter, von einer Räumung Abstand zu nehmen. Für gerichtliche Verfahren gibt es standardisierte Formulare und Antragswege beim Amtsgericht.[2]

  • Beginnen Sie mit Datum, Name, Anschrift und einer klaren Überschrift wie "Widerspruch gegen die Kündigung vom [Datum]".
  • Listen Sie Belege auf und fügen Sie Kopien bei (keine Originale, außer wenn gefordert).
  • Nennen Sie Fristen, zum Beispiel eine Frist zur Rücknahme der Kündigung oder zur Stellungnahme.
  • Weisen Sie ggf. darauf hin, dass Sie bereit sind, die Angelegenheit vor dem Amtsgericht klären zu lassen.
Senden Sie den Widerspruch per Einschreiben mit Rückschein oder per Übergabe gegen Empfangsbestätigung.

FAQ

Kann ich ohne Anwalt widersprechen?
Ja. Ein schriftlicher, gut begründeter Widerspruch kann auch ohne Anwalt eingereicht werden; bei komplexen Fällen ist rechtliche Beratung empfehlenswert.
Welche Fristen gelten?
Es gibt keine gesetzliche Frist für den Widerspruch selbst, aber bei Räumungsklage müssen Sie fristgerecht reagieren und Einspruch/Verteidigung beim zuständigen Amtsgericht vorbringen.
Gibt es ein offizielles Musterformular für den Widerspruch?
Für den formfreien Widerspruch gibt es kein einheitliches Bundesformular; für gerichtliche Anträge stellen die Gerichte Formulare und Merkblätter bereit.[2]

Anleitung

  1. Widerspruch schriftlich formulieren, Datum, Name, Anschrift und Kündigungsdatum nennen.
  2. Belege sammeln: ärztliche Atteste, Einkommensnachweise, Mietvertrag und Schriftverkehr kopieren.
  3. Widerspruch sicher übermitteln (Einschreiben/Rückschein oder Übergabe mit Empfangsbestätigung).
  4. Wenn der Vermieter trotzdem klagt: Unterlagen beim Amtsgericht einreichen und ggf. Fristgerecht eine Verteidigung vorlegen.

Wesentliche Hinweise

  • Dokumentation ist oft ausschlaggebend für den Erfolg des Widerspruchs.
  • Reagieren Sie zeitnah auf jede Klagezustellung vom Amtsgericht.
  • Nutzen Sie kostenlose Beratung durch Mieterberatungen oder die Rechtsantragsstellen der Gerichte, falls verfügbar.

Hilfe und Unterstützung


  1. [1] §574 BGB – Gesetze im Internet
  2. [2] Justizportal – Formulare und Hinweise
  3. [3] Bundesgerichtshof – Entscheidungen
Bob Jones
Bob Jones

Redakteur & Forscher, Tenant Rights Deutschland

Bob verfasst und prüft Inhalte zum Mietrecht für verschiedene Regionen – mit dem Ziel, rechtliche Schutzrechte für Mieter verständlich zu machen und sich für Wohnraumgerechtigkeit einzusetzen.